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schildert, da der tapfere Streiter Gottes im Jahre 1521 auf der Reife nach Worms begriffen war, wo er sich wegen seiner Schriften und Lehren vor Kaiser und Reich verantworten sollte. Man erkennt, wie ihn die Professoren der Universität, allen voran der Rektor Crotus Rubianus mit seiner Amiskette und der Dichter Eobanus Hessus, mit Verehrung begrüßen, wie sich hinten das Volk herzudräugt, um das bleiche, kühne Angustinermcnchlein zu sehen, das Papst und Kaiser Trotz bieten und Widerspruch leisten will. —
Umgebung: Man hat den Ort für das Denkmal mit gutem Bedacht im Norden des belebtesten Platzes der Stadt vor der altersgrauen Kaufmanns-Kirche gewählt, deren schöne Türme sich im Hintergründe erbeben.
So steht das Denkmal da in der Nähe ehrwürdiger Kirchenmauern, ihm zur Seite srisches, lebendiges Grün der Bäume und Sträucher, und rings herum eilt der geschäftige Verkehr. Ta schreitet der Wandersmann vorbei, sieht mit Ehrerbietung zu dem ehernen Manne empor und wandert weiter der unbekannten Ferne zu. Der Bauer, welcher zum Markte hereinfährt, wirft dem Standbilde einen grüßenden Blick zu, und fast jeder Vorübergehende nimmt sich ein Weilchen Zeit, das Denkmal zu betrachten. Und auch du, lieber Leser, verweile ein wenig, wenn dich der Weg vorbeiführt, und denke des wackeren Mannes Luther in Treue, gedenke deiner Väter, die für ihn begeistert waren, die sür den Glauben an dieses Mannes lautere Lehren einst gelebt und gelitten haben.
K. Lürtzing.
4-ö. Dr. Faust in Erfurt.
(Eine Sage.)
Zu Anfang des 16. Jahrhunderts, ungefähr bis zum Jahre 1520, hat dieser berübmte und zugleich berüchtigte Mann, der aus Knittlingen in Schwaben stammte, in Ersnrt gelebt. Er wohnte
in der Michelsgasse neben dem großen Kollegium und las als ein
gelehrter Professor im großen Hörsaale der Universität über griechische Dichter. Namentlich erklärte er seinen Zuhörern, den Studenten, den Homer und beschrieb ihnen die Heldengestalten der unsterblichen Gedichte Ilias und Odyssee so lebendig, daß das Verlangen rege wurde, dieselben mit Augen zu erschauen. Als einem Meister der Magie (Zauberkunst), die in jener Zeit als „dunkle Philosophie" (Weltweisheit) selbst auf deutschen Hochschulen gelehrt wurde, war es dem in allen damals bekannten Künsten der Physik bewanderten Faust leicht möglich, den Studenten die Schattenbilder griechischer Helden leibhaftig vor Augen zu stellen. Zuletzt
ließ er den greulichen Riesen Polyphem auftreten, vor dessen über* gewaltiger Erscheinung die ganze Zuhörerschaft bebte ls. Rathausbild).
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Einrichtungen aber war gering; im Vergleich freilich mit dem Zustand der Stadt zur Zeit des 7jährigen Krieges war ein Fortschritt anzuerkennen. Die Einwohnerzahl, die um 1800 fast 17 000 Personen betrug, war um 2500 gestiegen, der Handel hatte sich gehoben, und auch das Gewerbe erfreute sich einer gewissen Blüte. Die Wareneinfuhr erstreckte sich hauptsächlich auf Leder und Baumwolle für die Fabriken, auf Kolonial-, Schnitt- und Kurzwaren, auf Fische und fremde Weine. Der Ausfuhrhandel bezog sich auf die Erzeugnisse des Erfurter Gewerbefleißes, unter denen fchon damals die Schuhe und Gartenerzeugnisse obenan standen. Ein anderer Gewerbezweig, die Herstellung von Wollwaren, hatte leider durch die Abtretung des linken Rheinufers, feines Hauptabsatzgebietes, an Frankreich eine fast vollständige Vernichtung er-sabren.
Auf der Assemblee beim Statthalter: Noch in anderer
Beziehung war die Tätigkeit Dalbergs für die Erfurter von Bedeutung. Er richtete auf der Statthalterei Assemblern (Versammlungen) ein, die für die Ausbildung des gesellschaftlichen ^ottes von gutem Erfolg waren. Jeder anständig gekleidete Bürger oder Fremde hatte Zutritt zu diesen Versammlungen, die jeden Dienstag von 5 bis 8 Uhr abends in dem großen Saale und den anstoßenden Zimmern der Hofstatt stattfanden. Kein Unterschied der Stände war sichtbar. Adlige und Bürgerliche, Staatsbeamte, Künstler und Handwerker, Damen von hohem Rang und Bürgertöchter, alle vereinigte hier der Zweck angenehmer Unterhaltung. Man spielte Karten und Gesellschafts- und Pfänderspiele und ließ sich auf dem Flügel und anderen Instrumenten hören. Nach der Assemblee zog der gebildete Statthalter bedeutende Männer zur Abendtafel. — Dalberg selbst war die Seele der Versammlung. Er mischte sich stets unter die bunte Menge, die den großen Saal und die Zimmer füllte und sprach mit jedem einige Worte. Er freute sich herzlich, wenn die Gesellschaft sich einer unbefangenen Fröhlichkeit überließ. Zuweilen wurden auch Bälle gegeben, zu welchen die an solchen Tagen anwesenden Teilnehmer der Assembleen eingeladen wurden. Goethe, Wieland, Schiller, Herder und andere berühmte Männer waren oft zugegen, besonders aber Schiller, der sich einst zwei Monate mit seiner Gattin in Erfurt aufhielt (f. Nr. 63). Selbst regierende Fürsten, Prinzen und Prinzessinnen
erblickte man oft in diesem Gesellschaftskreise, der alle Stände
vereinigte.
Leben und Treiben in Erfurt: Auch das sonstige Leben
in Erfurt war von einem Hauch der Gemütlichkeit durchweht, was bei der „beständigen Heiterkeit und Fröhlichkeit", dem Hauptwefeus-
zug der Erfurter jener Tage, Wohl zu verstehen ist. Nirgends in
Thüringen verstand man Feste besser zu feiern als in Erfurt. Das schönste Volksfest des Jahres war das Vogelschießen der schon lange bestehenden Schützengesellschaft, das mit allen alten, feierlichen Ge-
12*
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trüben -lagert wurde es in den engen Gassen und den düsteren Stuben kaum wirklich Tag. Die Menschen verkrochen sich dann mit den notwendigsten Hantierungen in die Herdstube, in der allein eine erträgliche Temperatur herrschte. Dem Meister der Zünfte gestattete der spät beginnende Tag und die früh einfallende Dunkelheit nur wenige Arbeitsstunden. Nur die Gewerke, die beim schein des Herdseuers oder bei der Kiensackel arbeiten konnten, als Schlosser, Schmiede, Böttcher und einige andere, dehnten den Arbeitstag bis zur Feierabendglocke aus.
Dazu kamen noch Entbehrungen anderer Art. Die ohnehin schlechten Landwege waren im Winter kaum zu benutzen, und die Zusubr von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, wie der Thüringer Wald sie lieferte, konnte naturgemäß nur sehr spärlich sein. Es geschah wohl nicht nur zu Kriegszeiten, wo die Straßen durch feindliche Reiter gesperrt waren, daß die Köhler vom Walde nicht in die Stadt kommen konnten und daß die ganz unentbehrliche Holzkohle sehlte, daß die Bauern nichts zum Markte brachten und der Tisch selbst mit Fleisch nur mühsam versorgt werden konnte. Auch die offenen Brunnen versagten oft im Winter, und die Hausfrauen mußten Eis und Schnee auftauen, um das notwendige Kochwasser zu gewinnen. — So lebten die Menschen dumpf und freudlos in ihren vier Pfählen während der weitaus größten Zeit des Jahres dahin. Sie entbehrten alle die Zerstreuungen, die uns den Winter zu einer Zeit besonderer Vergnügungen machen, und nur an Sonn- und Feiertagen mögen Schnee- und Eisspiele eine dürftige Abwechslung geboten haben.
Wer all diese Leiden imt> Entbehrungen sich vorzustellen vermag. der kann auch die maßlose Freude und zugleich die tiefe Innigkeit verstehen, mit der unsere Vorfahren den Frühling begrüßten. Er war ihnen im wahrsten Sinne des Wortes ein Leben-und Lichtbringer. Er sprengte nicht nur Eisdecken und Knospenhüllen, er sprengte auch Türen und Fenster und trug seinen belebenden Odem durch die Gassen und rief die Menschen aus der Nacht des Winters an den Tag der Freude. Frühlingsfeste entsprachen darum einem aus der Tiefe des Gemüts nach Betätigung drängenden Gefühl. Auch im alten Erfurt wurde ein solches Fest mit großem Glanz und unter Anteilnahme der ganzen Bürgerschaft begangen: der Walperzug (f. Religion der alten Thüringer, Nr. 6). (Nach L. Rohmann it. a.)
32. Erfurter ßandel und ßandelsltrafoen.
Soweit sich Erfurts Geschichte zurückverfolgen läßt, hängt sie aufs engste mit Handel und Handelsstraßen zusammen.
Erfurt als Markt: Schon der weitsichtige Blick Karls des
Großen erkannte die überaus günstige Lage der Stadt. Er be-
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Extrahierte Personennamen: Schlosser L._Rohmann Erfurts Karls
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trümmert. Vom Roßplatz (jetzt Herrmannsplatz) dis zur Lauen-gaffe (am Fuße des Petersberges) bot alles das Bild entsetzlichster Zerstörung.
Das war das berüchtigte „Pfaffenstürmen" vom 11.—13. Juni 1521. Es schien ansangs der Stadt erhebliche, geldwerle Vorteile gebracht zu haben; denn die Geistlichen mußten, um in Zukunst gegen Angriffe jeder Art gesichert zu sein, 10 000 Gulden Schutzgeld zahlen und von den Bürgerhäusern, die in ihrem Besitze waren, fortan Geschoß entrichten. Bald aber solgle der hinkende Bote nach. Der Erzbischof verklagte den Rat vor Kaiser und Reich, und der geschädigte Vorsteher des Marienstistes strengte eine Klage bei der päpstlichen Regierung an, durch welche Rechtshändel der Stadt bedeutende Kosten erwuchsen. Außerdem büßte die neue Lehre sehr an Ansehen ein. Den schlimmsten Schaden jedoch hatte die Universität; denn die Lehrer und Schüler, welche mit dem übermütigen und unruhigen Teile der studentischen Jugend nichts gemein haben wollten, verließen für immer die Stadt.
Uebertritt der Geistlichen zur neuen Lehre: Durch den
Aufruhr waren die Geistlichen, welche der alten Lehre anhingen, derart eingeschüchtert worden, daß sie die Verbreitung des neuen Glaubens nicht zu hindern wagten. Er erhielt in jenen Tagen sogar einen bedeutenden Zuwachs aus den Klöstern. Eine große Zahl von Mönchen trat aus und nahm Wohnung in den Bürgerhäusern. Den Anfang damit machte der Führer der ganzen evangelischen Bewegung in Erfurt, Dr. Johannes Lang. Er trat int März 1522 mit 14 Brüdern aus dem Augustinerkloster aus. Ihnen folgte eine Anzahl Barfüßer unter Vorantritt von Egidiit* Mechler. Auch die anderen Klöster begannen sich zu leeren. Selbst die Nonnen wurden von der Bewegung ergriffen. Scharenweise traten sie aus und widmeten sich weiblichen Bernsen. Auch die ausgetretenen Mönche mußten bürgerliche Berufe ergreifen, da der Rat der Stadt anfangs nur 4, später 6 Männern die Erlaubnis gab, das Wort Gottes lutherisch in den Kirchen zu verkündigen.
Kanzelstreit: Die neuen Glaubensboten unterließen es nicht,
heftige Ausfälle gegen die alte Geistlichkeit zu machen, die das Volt ausgebeutet und in greulicher Finsternis erhalten habe. Der Papst wurde als Antichrist (Widerchrist) hingestellt und die Kirche eine Werkstatt der Lüge genannt. Im übrigen waren die Predigten im biblischen Tone gehalten und verkündigten mit Begeisterung die Rechtfertigung durch den Glauben, sowie den Trost des Evangeliums. Mit übergroßer Freude hörte das Volk solchen Predigten zu, dagegen sanden die Messen, die hier und da noch gelesen wurden, keine Teilnahme. Doch in manchen Gemütern gewann die Macht der kirchlichen Ueberlieferung bald wieder die Oberhand, namentlich seit der Augustinermönch Dr. Bartholomäus Ar-noldi von Usingen das Wort ergriff. Nach feiner Predigt über die Heiligenverehrung cim 20. April 1522, dem 2. Osterseiertage,
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gen schien, ging rasch vorwärts. Er verwandte keinen Blick von der Bühne, hielt ein goldenes Taschenfernglas in der Hand, welches er aus und zu schob, und durch das er zuweilen sah; dann nahm er auch wohl eine Prise Tabak aus einer kleinen, ganz flachen Dose. Gesprochen ward gar nichts. Alexander lorgnettierte (Lorgnette = Handbrille) zuweilen die Logen, der Primas schlief zuletzt ein. Jerome konnte sein Uebelbefinden und seine schlechte Laune gar nicht verbergen, die übrigen faßen in steifer Förmlichkeit da. Alexander ist groß und hübsch und, wie man sagt, im Umgang höchst liebenswürdig. Sein Aeußeres hat nichts Geistreiches, auch fehlt es ihm an ruhigem Anstande, und der kahle, stark gepuderte Kopf entstellt ilm. Konstantin ist was kleiner, aber muskulöser gebaut, jedoch der Kalmückengesichtsausdruck (Kalmücken = ästat. Volksstamm) ist gar zu widrig. Nach beendigtem Schauspiel stand Napoleon zuerst auf, gab Alexander den Pas (Vortritt), brachte ihn in feinem Wagen zu Haus, und alle übrigen folgten nach ibrer Reihe.
Ungeheuer ermüdet kamen wir selbst nach Haus. Ich kann sagen, in einem solchen Gedränge habe ich mich noch nie befunden; man mißhandelte sich, einer den anderen. (Nach dem bezgl. Briefe aus Fr. Schulze „Die Franzosenzeit usw.")
e) Goethes Unterredung mit Dapoleon am 2. Oktober 1808 im Gouvernement zu Erfurt. (Gekürzt.)
Ich wurde um 11 Uhr vormittags zu dem Kaiser bestellt. Ein dicker Kammerherr, Pole, kündigte mir an, zu verweilen. Die Menge entfernte sich. Ich werde hereingerufen. Trete ein. Der Kaiser sitzt an einem großen, runden Tische, srühstückend. Er winkt mir, heranzukommen. Ich bleibe in schicklicher Entsernung vor ihm stehen. Nachdem er mich ausmerksam angeblickt, sagte er: „Vous etes un homme.“ Ich verbeugte mich. Er fragt: „Wie alt seid Ihr?" Sechzig Jahre. „Ihr habt Euch gut erhalten. — Ihr habt Trauerspiele geschrieben." Ich antwortete das Notwendigste.
Er wandte dann das Gespräch auf den „Werther", den er durch und durch mochte studiert haben. Nach verschiedenen, ganz richtigen Bemerkungen bezeichnete er eine gewisse Stelle und sagte: „Warum habt Ihr das getan? Es ist nicht naturgemäß." Welches er weitläufig und vollkommen richtig auseinandersetzte. Ich hörte ihm mit heiterem Gesichte zu und antwortete mit einem vergnügten Lächeln, daß ich zwar nicht wisse, ob mir irgend jemand denselben Vorwurf gemacht habe; aber ich finde ihn ganz richtig und gestehe, daß an dieser Stelle etwas Unwahres nachzuweisen sei. Allein, setzte ich hinzu, es wäre dem Dichter vielleicht zu verzeihen, wenn er sich eines nicht leicht zu entdeckenden Kunstgriffes bediene, um gewisse Wirkungen hervorzubringen, die er aus einem einfachen, natürlichen Wege nicht hätte erreichen können. Der Kaiser schien damit zufrieden. . . .
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Alexander Alexander Konstantin Napoleon Alexander Alexander Schulze Goethes
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70. Ankündigung der Feier des Geburtstages Rapoleons
in Erfurt.
„Ilapoleons=Feft zu Erfurt, den 15. fluguft 1811."
Zur Feier der Geburt des großen Napoleon, der die Zeit verherrlicht, in der wir leben, ist den löten August zu Erfurt, das unter der Aegide (Schutz) der großen Kaisers besteht, ein Fest bereitet, zu dem jeder sich einfinden wolle, der Sinn und Gefühl hat für große Eindrücke in großen Tagen. Ohne der hohen Bedeu tung des Tages selbst zu gedenken, wird er ein Festtag sein für Kenner und Verehrer der Kunst und für jeden, der eines hohen Genusses empfänglich ist. Außer den Freuden des Tages wird die Kunst den Würdigen preisen. Ein seltener Verein von Kennern der Musik der ersten Kapellen des benachbarten Deutschlands wird sich bestreben, dem Herrlichsten das herrlichste Opser des Genius und Talentes zu bringen, und mit dem ersten Meister-
werke deutscher Tonkunst die Meisterkunst ihrer Darstellung zu vereinen. Die erhabenen deutschen Fürsten der Nähe, des Königs
von Sachsen Majestät, haben ihre Künstler dem großen Festtage
bestimmt, und feierlich bringt jeder das Fest seines eignen Genusses zum allgemeinen Feste. Unter der Leitung des Herrn Kantors Bischofs zu Frankenhausen, der durch seine musikalischen Ausführungen geehrt ist, wird der Abend des feierlichen Tages mit den großen Kompositionen (Tondichtungen) schließen, in welchen Deutschland seine ersten Künstler erkennt. Die kolossale Barfüßerkirche, prächtig erleuchtet, wird dem Orchester Raum geben, in welchem 300 meisterliche Spieler und Sänger mit deutscher Kunst und mit der Sängerkunst des befreundeten Italiens dem Protektor (Beschützer) des Vaterlandes huldigen. Noch nie versammelte sich in unserer Nähe eine solche musikalische Akademie (Gesell-
schaft); sie konnte keinen größeren Tag ehren als diesen.
Es bedarf wohl kaum unserer Ladung ans Publikum, daß es diese schönen Genüsse teile. Das Große und Erhabene hat in sich seine Beglaubigung, und es wird uns Freude sein, durch seltenen Genuß eines Tages Feier zu erhöhen, der dem Großen gilt und dem Erhabenen.
Erfurt, im Juli 1811.
Die Finanz- und Domänenkammer, von Resch, Präsident.
71. Wie die Franzoien aus Rußland zurückkehren und in Erfurt Einkehr halten.
1812—1813.
Noch im Spätsommer des Jahres 1812 zogen schön geordnete Truppen in kühnem Siegesbewußtsein durch die Stadt nach
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Extrahierte Personennamen: Rapoleons Napoleon August
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Hauptmannes, den wir übrigens durch die Uebersendnng einer Zervelatwurst geehrt hatten, die Leute wieder abzurufen. Zeitungen, die uns überbracht wurden, unter anderen „Les Nouvelles“, lieferten den Beweis, daß sie in dauernder Selbsttäuschung erhalten wurden.
Aus diesem zeitweise gemütlichen Verkehr schließe man aber nicht, daß es in Epinai, wenn auch nur zeitweise, barmlos und gemütlich gewesen sei. Der Aufenthalt ist jedem von uns wegen der unausgesetzten großen Verantwortlichkeit und Gefahr als ein wenig angenehmer unvergeßlich. Warf doch der Feind am 31. Oktober allein etwa 90—100 Granaten nach Epinai hinein.
Wie in Vorahnung eines größeren Ueberfalles wurde das Dors von Mitte November an in einen starken Verteidigungszustand gesetzt. Die Besatzung wurde außerdem auf zwei Kompanien verstärkt und der Befehl erteilt, Epinai bei einem etwaigen Angriff auf das Hartnäckigste zu verteidigen.
95. Das Gefecht bei Epinai.
30. riovember 1870.
(Brief eines 71er vom 1. Bataillon.)
„Schon einige Tage vor dem Gefechte lag es sozusagen in der Luft, daß die Franzosen von St. Denis aus nach der Nordseite gegen uns einen Ausfall wagen würden. Häufig schon waren unsere Vorposten von den Franzosen geneckt und wir infolgedessen alarmiert worden. Dabei hatte die französische Artillerie stets ein ernstes Wörtchen mitgesprochen.
Am 29. sollten wir srüh 6 Uhr Vorposten an der Seine rechts von Epinai als Fühlung an das 96. Regiment beziehen. Mil dem Schlaf hatten wir vom 28. zum 29. wenig Glück. Schon um
1 Uhr nachts wurden wir alarmiert und rückten nach der von
uns dicht hinter Enghien errichteten Schanze. Die französische Artillerie war diesmal nach unserer Seite besonders tätig. Wir legten aber auch dieser Alarmierung wenig Gewicht bei und hofften, wie gewöhnlich schon nach einer halben Stunde abtreten zu können. Die meisten hatten sich deshalb nicht mit Lebensmitteln versehen, am wenigsten für einen Tag damit versorgt. Diesmal kam es jedoch anders, denn wir mußten bis 5 Uhr morgens in unserer Stellung verharren und dann mit schweren Herzen von unserem Kaffee Abschied nehmen und Vorposten beziehen.
Wider Erwarten blieben die Franzosen gegen uns verhältnismäßig rnhrg. Dagegen überschütteten sie die in Epinai stehenden
Vorposten förmlich mit Granaten. Zum Glück aber richteten sie,
außer an ihren eigenen Häusern, keinen Schaden an.
Am 30. srüh wurden wir von 2 Kompanien des 31. Regiments abgelöst und marschierten nach unserem jetzigen Wohnsitz Enghien. Während des ganzen Vormittags hörten wir den Ka-
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ich glücklicherweise noch ein leidliches Quartier gesunden hal . Wir langweilen uns nach Kräften, wenn die Hallunken m der Festung uns nicht beunruhigen. Vorgestern machten die Herren einen Ausfall auf das 31. Landwehr-Bataillon, Füsiliere, und verschwendeten dabei eine so furchtbare Menge von Munition, daß unser ganzes Bataillon zur Verstärkung ausrücken mußte. Hierbei ging ein Zug unserer Kompanie über das freie Feld wo er von der Festung aus gesehen werden konnte. Kaum hatten die Kerle uns bemerkt, als sie anfingen, uns mit Granaten zu bewerfen und uns 10—12 dieser artigen Geschosse zuschickten. Ste zersprangen jedoch hinter unserm Rücken und verwundeten mit Ausnahme einer Dachziegel niemand. Ueberhaupt war da* ganze Ergebnis des Gefechtes ein durchlöcherter Brotbeutel vom 31. Füft^ lier-Bataillon. Gestern Morgen ging die Schießerei wieder los und wurde wieder durch einen Granatschuß beschlossen. Heute Nacht haben sie uns nicht beunruhigt.
So haben also auch wir unseren Anteil an dem großen Werke und sind uns unserer Stellung wohl bewußt. Darum kann man sich denken, wie entrüstet wir waren, als wir gestern mit eigenen Augen in der Zeitung lasen, daß Pfalzburg schon am 20. sich den Württembergern übergeben habe. Wollte Gott, es geschähe bald an die Landwehr, daß wir von diesem verwünschten Rattennest fortkämen!"
Am 12. Dezember 1870 ergab sich die Festung auf Gnade und Ungnade den Belagerern. Bei der Uebergabe war kaum noch für einen halben Tag Nahrung vorhanden. Seit den letzten 6 Wochen hatte niemand mehr Fleifch gesehen, und eine geraume Zeit hatte das Pulver das Salz ersetzen müssen. Die Stadt selbst hatte auch beträchtlich gelitten. Etwa 60 Häuser waren ganz niedergebrannt, darunter die Kirche. Am 14. Dezember hielten die Belagerungstruppen durch das franzöfifche Tor ihren Einzug. Mit sichtbarer Freude marschierten die braven Landwehrleute durch die Straßen der Stadt, welche sie 17 Wochen lang mit großer Ausdauer bewacht hatten, nach dem Marktplatze, wo sie aus Se. Majestät ein donnerndes Lebehoch ausbrachten.
97. Kleine Bilder aus großer Zeit, a) Die erste Sedcinfeier.
Es war der 3. September 1870, ein Sonnabend. Am Tage vorher war die Nachricht von der „siegreich fortschreitenden Schlacht rund um Sedan" eingetroffen und hatte die Herzen aller mit Freude erfüllt. Auch wir gingen an diesem Morgen siegesstolz zur Schule und ließen die „Wacht am Rhein" besonders laut erklingen. Viel Andacht herrschte nicht in den ersten Schulstunden. In den Pausen betrachteten wir die aufgehängte Karte von Frankreich und suchten eifrig die Orte, welche die letzten Drahtnachricht
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Extrahierte Ortsnamen: Pfalzburg Rhein" Frankreich
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1802 mit den übrigen mainzischen Besitzungen an Preußen fiel. Heute gehört sie zur Gemarkung Mühlbergs.
Verfall der Mühlburg: Wie säst alle Burgen, verfiel auch
die Mühlburg. Die dunklen, kalten und engen Gelasse genügten den höheren Anforderungen der Bewohner an Behaglichkeit nicht mehr. Wir freilich machen uns gewöhnlich ein ganz anderes Bild von dem Leben auf einer Burg. Wir denken uns den Aufenthalt daselbst äußerst angenehm und romantisch. Ein Brief Ulrichs von Hutten aus dem Jahre 1518 vermag aber darin unsere Meinung zu ändern. Er schreibt: „Immer ist die Burg nicht zur Behaglichkeit, sondern zur Befestigung erbaut, von Gräben und Wall umgeben, innen eng, mit Vieh- und Pferdeställen zusammengedrängt; da sind nahe; dabei dunkle Kammern mit Kanonen, mit Pech und Schwefel und was fönst zur Kriegsrüstung gehört vollgefüllt. Ueberall riecht man den Gestank des Schießpulvers, dann die Hunde und ihren Unrat — auch ein schöner Dust, wie ich meine." So können wir auf Grund dieses Berichtes wohl leicht verstehen, warum auch die wenigen Burgen, die den dreißigjährigen Krieg noch überdauert hatten, von ihren Besitzern, die sich im Tale weit bequemer einrichten konnten, verlassen wurden. Sie überließen die Burg sich selbst, nachdem sie vorher aus allen Gebäuden die Holzteile entfernt hatten. Des stützenden Balkenwerks beraubt, wurden die Häuser gar bald durch die Unbilden der Witterung, durch Regen und Schnee, Sturm und Frost, zerstört. Gleiches Schicksal hat die Mühlburg gehabt. (Nach Prof. Dr. Carl Beyer, Th. Heymann n. A. Uebel u. a.)
26. Der schwarze Cod in Erfurt und die Seitzler.
a) Um die Mitte des 14. Jahrhunderts herrschte in Europa die Pest oder der schwarze Tod, der eine unendliche Zahl von Opfern forderte. Auch in Erfurt wütete sie fürchterlich. Die Kirchhöfe, selbst die Kirchen und die Kreuzgänge waren bald fo mit Leichen überfüllt, daß man deren zwei oder drei in ein Grab legen mußte. Die Masse der täglich herbeigeschafften Toten verhinderte eilte genügende Bedeckung mit Erde und die ordnungsmäßige Zumauerung der Grabstätten in den Kirchen, so daß der Ansteckungsstoff von den eifrigen Betern immer wieder weiter geschleppt wurde. Darum beschloß der Rat auf Veranlassung der Aerzte, daß niemand mehr in der Stadt begraben werden sollte. Er ließ auf dem Gottesacker des wüsten Dorfes Neufeß am roten Berge nach und nach elf Gruben machen, in denen man vom 25. Juli 1350 bis zum 2. Februar 1351 rund 12 000 Bürger einscharrte, mehr als die Hälfte der gesamten Stadtbevölkerung. Als das Sterben nachließ, durften die Beerdigungen wieder in der Stadt vorgenommen werden. Da die meisten Verstorbenen aber ohne Sakrament dahingeschieden waren, so wurde allen ein
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Extrahierte Personennamen: Carl_Beyer Heymann
Extrahierte Ortsnamen: Mühlbergs Mühlburg Erfurt Europa Erfurt Dorfes_Neufeß
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Heere eingeschlossen und gefangen. Im Jahre 1291 wurde Akkon, die letzte Stadt, welche die Christen noch besaßen, von den Türken erobert.
Tie Hauptursache, warum das mit so vielem Blute Erkaufte so schnell wieder verloren ging, ist barin zu suchen, daß die in Palästina ansässig geworbenen Abenblänber die ursprüngliche Begeisterung balb gegen schnöbe Selbstsucht vertauschten, unter sich uneinig würden und zu den Fehlern der abendländischen Menschen auch noch die Gebrechen und Laster der Morgenländer annahmen.
Wenn auch, sofern der Besitz der heiligen Stätten in Betracht kommt, die Kreuzzüge erfolglos geblieben sind, so haben sie doch in vieler Hinsicht segensreich sür das Abendland gewirkt. Die Begeisterung der ersten Zeit bewirkte eine Steigerung des religiösen Sinnes, drängte die kriegerische Roheit in gebührende Schranken, hob das Rittertum, regte die Dichtkunst an; der Verkehr in fremden Ländern erweiterte die Kenntnisse und weckte den Sinn für Knnst und wissenschaftliche Forschung. Durch die Kreuzzüge nahm auch der Handel einen besonderen Aufschwung, und damit stand das rasche Ausblühen der westeuropäischen Städte, insbesondere auch der deutschen Reichsstädte, in engem Zusammenhange.
Vi. Die Entdeckungen.
1. Die alte Welt.
Durch die Kreuzzüge waren die Bewohner des westlichen Europas mit Ländern und Bölkern bekannt geworden, von denen sie bisher nichts gewußt hatten. Obgleich die Heerfahrten in das Jjcorgenland aufhörten, dauerte der Handelsverkehr fort, und alljährlich fuhren unzählige Schiffe der italienischen Handelk-stadte, besonders, Genuas und Benebigs, nach den Seehäfen Kleinasiens und Ägyptens. Damals verbreitete sich im Abenb-lanbe die Nachricht, in Asien bestehe ein großes christliches Reich, das _non erneut Priester, namens Johannes, regiert werbe' und fürsten hofften, an biefem Priesterkönige einen Bnnbesgenosien gegen die Mohammebaner und einen Helfer zur Ausbreitung der christlichen Lehre unter den heibnifchen Völkern Zu sinden. Papst Innocenz Iv. schickte ans diesem Grunde (1246) einen Franziskanermönch nach Asien, der bis in die Mongolei vordrang, jedoch bn* Reich des Priesters Johannes nicht anf-sinben konnte.
Im Jahre 1272 reifte der Venetianer Marco Polo nach Alten, gewann bte Gunst des Mongolenfürsten Kublai Khan und Zog mit ihm 26 Jahre herum, besuchte die Mongolei, Armenien,
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Extrahierte Personennamen: Johannes Innocenz_Iv Innocenz Johannes Marco_Polo
Extrahierte Ortsnamen: Akkon Palästina Europas Genuas Kleinasiens Asien Asien Mongolei Mongolei Armenien